Print wirkt

Die Corona-Pandemie hat den Sturm der Digitalisierung zu einem Orkan entfacht. Was heisst das für Verlage, Unternehmen und Corporate-Content-Agenturen? Hat Print ausgedient? Mitnichten.

Von wegen, die gedruckte Information interessiert keinen mehr. Betrachtet man die Studie «Print wirkt» des Verbands Schweizer Medien (VSM), zeigt sich für die Printmedien ein viel positiveres Bild, als man dies in Zeiten der unaufhörlichen «Abgesänge» auf Druckerzeugnisse erwarten würde.

Crossmedia

Dass sich die verschiedenen Kommunikationskanäle künftig noch stärker ergänzen werden, ist die klare Meinung von Gert Schröder, CEO der Kommunikationsagentur NeidhartSchön in Zürich.

«Eine Standalone-Publikation schafft es in der heutigen Zeit kaum mehr, die avisierten Stakeholder zu erreichen und Wirkung zu erzielen.»

Gert Schröder, CEO NeidhartSchön

Ob Social-Media-Beitrag, Newsletter oder Jahrbuch: Nicht ein einzelner Kontakt macht eine wirkungsvolle Unternehmenskommunikation aus, sondern die optimale Verknüpfung der verschiedenen Inhalte und Touchpoints.

«Dass dabei die digitalen Kanäle zunehmend an Bedeutung gewinnen werden, weil sie gezielter gestreut werden können und in ihrer Wirkung bis ins Detail messbar sind, ist unbestritten», so Schröder. Jeder Trend erzeuge aber auch einen Gegentrend. So setzten sich einzelne Unternehmen und Organisationen gerade in der B2B-Kommunikation wieder mit Printerzeugnissen auseinander. «Wir stellen fest, dass selbst auf Online-Kommunikation fokussierte Kunden als Ergänzung ihrer Kontaktpunkte wieder vermehrt auf Drucksachen setzen.»

So geniesse etwa der Print gerade im oberen Segment neben der Glaubwürdigkeit auch eine Art Profilierungsstatus. «Man kann seinen Kunden und anderen Stakeholdern etwas Wertiges in die Hand drücken, was sich in einem ‹Lean-back-Moment› konsumieren lässt.» Damit könne ein Unternehmen seine Wertschätzung gegenüber den Anspruchsgruppen ausdrücken und sich damit nachhaltig profilieren. «Vereinzelt ist zu sehen, dass Unternehmen die meistgelesenen Inhalte und Artikel aus dem Netz in Form einer gedruckten Magazinausgabe zusammenfassen», führt Gert Schröder als Beispiel an.

Ein von NeidhartSchön umgesetztes Beispiel dazu ist das digitale Kundenmagazin «The Magazine» der global tätigen Unternehmensberatung Synpulse.

Mehr zum digitalen Kundenmagazin von Synpulse

Den Teufelskreis durchbrechen

Bei den schwindenden Leserzahlen von gedruckten Zeitungen und Zeitschriften dürfte irgendwann ein Sockel erreicht werden. So zumindest die Hoffnung. Die Konsolidierung dürfte indes noch eine Weile voranschreiten, nicht nur wegen Corona. «Wenn ich an einem Kiosk vorbeigehe, hat die Menge an gedruckten Erzeugnissen vom Gefühl her zuletzt sogar zugenommen», sagt Christian Schwander von Linkgroup.

Die Vielfalt an Qualität leide derweil markant unter dem Kostendruck der Verlage. «Eigentlich unverständlich, weil Leserinnen und Leser anspruchsvoll sind. Sie kaufen ein Produkt nur dann wiederholt, wenn es ihnen wirklichen Mehrwert bietet», so Schwander. Kein Geld, keine Qualität, keine Leser: ein Teufelskreis, den es zu durchbrechen gilt. Manch ein Verleger sollte sich dazu wohl die VSM-Print-wirkt-Studie nochmals genauer zu Gemüte führen

Hier gelangen Sie zur VSM-Print-wirkt-Studie.

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Schön und recht, aber was ist mit Corona? Hat die Krise nicht genau nochmals einen markanten Schub für alle digitalen Prozesse und Geschäftsmodelle ausgelöst.

Print schafft Vertrauen

Daran dürfte auch der Verlags- und Content-Markt nicht vorbeikommen. Schon seit der Jahrtausendwende zeigt die Richtung etwa beim Anzeigenvolumen in Zeitungen und Zeitschriften nur noch abwärts. Daran können bisweilen auch noch so überzeugende VSM Studienresultate nichts ändern. Und die Hiobsbotschaften wollen seit Frühling, als der Lockdown kam, nicht abreissen. Da war die Rede von weiteren Verlusten im Inserategeschäft um nicht weniger als 90 Prozent bis Jahresende. Dass mittlerweile Gerüchte die Runde machen, wonach bei den grossen Schweizer Verlagen im Zeitungs- und Zeitschriftengeschäft grössere Abbaurunden bei Titeln, Seitenvolumina und auch Stellen kurz bevorstehen, erstaunt nicht.

Gleichwohl gibt es viele Stimmen, die überzeugt sind, dass genau in solchen Zeiten der Bedarf und die Nachfrage nach hochwertigen Druckerzeugnissen grösser seien denn je. So tönt es zumindest bei befragten Publishing-Agenturen.

«Noch immer schafft es Print wie kein anderes Medium, Verbindlichkeit, Sympathie und Qualität zu vermitteln.»

Christian Schwander, Medienberater

Sorgfältig produzierte Printprodukte würden erwiesenermassen das Image einer Marke stärken. Dabei spiele es eine wichtige Rolle, wie und für wen ein Printprodukt gemacht werde, so Schwander. Und zu welchem Zweck. «Je nach Zielgruppe rücken andere Faktoren ins Zentrum. Nachhaltigkeit oder Wertigkeit bleiben zentrale Orientierungspunkte.»

Dem Medienberater fällt auf, dass in der aktuellen Zeit viele börsenkotierte Unternehmen vermehrt auf crossmediale Darreichungsformen ihrer Inhalte setzen. Dabei würden gezielt die Vorzüge des jeweiligen Kanals genutzt. Von Grund auf nur als Online-Lösung konzipierte Anwendungen seien selbst in solch «digitalen Zeiten» immer noch eher selten. Besonders beliebt sind physische Printabgaben bei den Geschäftsberichten. «Die gedruckte Berichterstattung wird von den kritischen Analysten sehr geschätzt.» So hätten Untersuchungen eindeutig gezeigt, dass das Vertrauen in die Glaubwürdigkeit von gedruckter Kommunikation nach wie vor grösser sei als bei digitalen Anwendungen. «Und Vertrauen ist ein entscheidender Faktor, wenn es darum geht, ein Unternehmen umfassend zu beurteilen.»

Die zentralen Erkenntnisse von Prof. Dr. Christian P. Hoffmann am diesjährigen Geschäftsberichte-Symposium.

Zum Artikel «Online (alleine) ist keine Strategie»

Autor: Robert Wildi
Publiziert: M&K 2020, Ausgabe 10, Seite 60-61

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