Pflicht oder Profilierung – Die Rolle von Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichten
Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichte sind mehr als nur Informationsquellen – sie sind entscheidende Instrumente für die Kommunikation von Unternehmen. Die Art und Weise, wie Unternehmen diese Berichte gestalten, hängt von ihren Zielen ab. Eine Matrix, die im Rahmen der Arbeitsgruppe «Szenarien und Reporting-Trends GB» bei der Neidhart + Schön Group entwickelt wurde, gibt einen Überblick, wie Unternehmen ihre Berichterstattung an zwei grundlegend unterschiedliche Zielrichtungen anpassen können: die Erfüllung regulatorischer Anforderungen oder zukunftsorientierte Kommunikation und Stakeholder-Engagement. Jedes Kriterium in dieser Matrix – von Inhalten über Prozesse bis hin zu Design und den entscheidenden Verantwortlichen – kann dabei auf diese beiden Ausrichtungen abgestimmt werden.
Regulatorische Pflichten
Berichterstattung über das vergangene Geschäftsjahr – Die Erfüllung regulatorischer Pflichten
Auf der linken Seite der Matrix steht die regulatorische Berichterstattung, die primär darauf abzielt, gesetzliche und regulatorische Anforderungen zu erfüllen. Diese Berichterstattung fokussiert sich darauf, den staatlichen und kapitalmarktseitigen Anforderungen gerecht zu werden, und hat weniger das Ziel, Stakeholder zu begeistern oder langfristig zu binden.
Inhalte der Berichte beinhalten vor allem regulatorische Vorgaben wie die Berichterstattung nach dem OR (Obligationenrecht), die TCFD (Task Force on Climate-related Financial Disclosures) sowie die Integration von Nachhaltigkeit als Teil der Unternehmens-Governance. Diese Berichte sind oft auf die Erfüllung von Reporting-Standards ausgerichtet und enthalten Kennzahlen, die von Investoren und Aufsichtsbehörden verlangt werden.
Die Strategie hinter dieser Berichterstattung ist klar auf die Kapitalmärkte ausgerichtet. Ein Kapitalmarkt-Report wird erstellt, um Fakten und Zahlen zu liefern, die es den Entscheidungsträgern ermöglichen, das Unternehmen zu bewerten. Die Schwerpunkte liegen dabei auf der finanziellen Performance und den risiko- und chancenorientierten Aspekten der Unternehmensführung.
Das Format dieser Berichte orientiert sich häufig an den gängigen PDF-First-Standards. Das PDF ist ein praktisches und weit verbreitetes Format, das einfach zu erstellen, zu verbreiten und zu archivieren ist und den Anforderungen der Regulierungsbehörden entspricht.
Die Prozesse hinter der Berichterstattung sind in der Regel systemgestützt, effizient, automatisiert und nachvollziehbar. Der Fokus liegt auf der Vereinheitlichung der Daten und der Minimierung von Fehlerquellen. Die Gestaltung dieser Berichte ist in der Regel funktional und zweckmässig, das heisst, sie erfüllt die minimalen Anforderungen an Klarheit und Struktur, ohne viel Raum für kreative Elemente.
Die Entscheider in diesem Bereich sind vor allem der CFO (Chief Financial Officer) und das Finance-Team, die für die ordnungsgemässe und termingerechte Erstellung der Berichte verantwortlich sind.
In Richtung Zukunft
Zukunftsorientierte Kommunikation – Stakeholder einbinden und profilieren
Auf der rechten Seite der Matrix steht die zukunftsorientierte Kommunikation, bei der das Unternehmen seine Berichterstattung als Strategieinstrument nutzt, um sich gegenüber seinen Stakeholdern zu profilieren und einen Dialog aufzubauen. Hier geht es nicht nur um die Darstellung vergangener Ergebnisse, sondern auch um die Zukunftsperspektive des Unternehmens und seine Verantwortung in der Gesellschaft.
Inhalte dieser Berichte umfassen nicht nur Fakten zu Geschäftsmodell, Ausblick und Risiken, sondern auch eine detaillierte Darstellung der Nachhaltigkeit als Teil der Unternehmensstrategie. Der Bericht zeigt, wie das Unternehmen zukünftige Herausforderungen meistern möchte und welche positiven Impulse es für die Gesellschaft und Umwelt setzen will. Auch die Höhepunkte des Jahres sowie wesentliche Innovationen und Erfolge werden ausführlich dargestellt.
Die Strategie ist darauf ausgelegt, einen Multi-Stakeholder-Report zu erstellen. Dieser zielt darauf ab, verschiedene Gruppen anzusprechen, von Investoren über Kunden bis hin zu NGOs und der breiten Öffentlichkeit. Der Bericht ist dialogorientiert, mit dem Ziel, eine offene Kommunikation und Feedback zu fördern. Ein solches Reporting geht über die reine Zahlenwelt hinaus und zeigt, wie das Unternehmen in Bezug auf gesellschaftliche Verantwortung und langfristige Nachhaltigkeit denkt.
Das Format ist Online-First ausgerichtet, um den Bericht interaktiv und dynamisch präsentieren zu können. Neben der klassischen PDF-Variante, die angepasst und in unterschiedlichen Formaten ausgelesen werden kann, wird eine Online-Version mit Bewegtbild, Animationen und Interaktionselementen angeboten. Dies ermöglicht eine anschauliche, kreative und benutzerfreundliche Präsentation.
Die Prozesse in diesem Bereich sind ebenfalls systemgestützt und effizient, beinhalten jedoch auch Push-Mechanismen, um gezielt Informationen an verschiedene Stakeholdergruppen weiterzugeben und so das Engagement zu maximieren.
Das Design ist kreativ und innovativ. Hier wird oft auf visuelle Storytelling-Elemente gesetzt, die den Bericht ansprechend und verständlich machen. Interaktive Grafiken, Videos und Animationen sollen das Nutzererlebnis verbessern und das Interesse an den Inhalten steigern.
Die Entscheider hinter dieser Art der Berichterstattung sind der CCO (Chief Communications Officer), das Nachhaltigkeitsteam und die Abteilungen für Investor Relations (IR), die gemeinsam eine langfristige, offene und verantwortungsvolle Kommunikation mit den Stakeholdern fördern.
Fazit
Zwei Ausrichtungen – Zwei Ziele
Die Matrix der Neidhart + Schön Group verdeutlicht, wie unterschiedlich die Ziele von Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichten sein können. Während auf der linken Seite die Erfüllung regulatorischer Pflichten im Vordergrund steht, zielt die rechte Seite auf eine zukunftsorientierte Kommunikation ab, bei der die Profilierung des Unternehmens und die Einbindung von Stakeholdern entscheidend sind.
Unternehmen sollten ihre Berichterstattung entsprechend ihrer spezifischen Zielsetzungen gestalten. Ob als Dokumentation der Vergangenheit oder als strategisches Instrument für die Zukunft – die Rolle der Berichterstattung im Kommunikations-Mix ist entscheidend für den langfristigen Erfolg und das Vertrauen der Stakeholder.